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Gleitschirmfliegen – dem Himmel so nah

Gleitschirmfliegen in der Aletsch Arena

Gleitschirmfliegen in der Aletsch Arena

Gipfeltreffen der Viertausender: Majestätische Berge und mächtige Gletscher in der Aletsch Arena im Schweizer Kanton Wallis bilden die spektakuläre Kulisse beim Gleitschirmfliegen

Vor dem Start hatte der Pilot gewarnt: Hier abzuheben mache süchtig. Gleitschirm-Profi Alexander Furrer hat recht damit. Ich fliege im Tandem. Start ist die Mittelstation der Fiescheralp – ein Fliegermekka. Laut Furrer einer der zehn besten Startplätze weltweit. „Die Thermik-Bedingungen sind top. Von hier werden Rekorde geflogen.“ Wir starten mit Skiern (gute Starthilfe!), machen einen Auskehrschritt, fahren Schuss. Gleiten den Berg hinab, vielleicht 20, höchstens 30 Meter – dann heben wir ab! „Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe“, scherzt der Schweizer. Ich halte den Atem an, bin schwerelos. Die Welt unter uns wird kleiner. Alles sieht so friedlich aus, so atemberaubend schön. Der Wind braust unter dem Schirm hinweg. Ansonsten Stille. Man möchte hier oben auf rund 3000 Meter Höhe in der Luft hängenbleiben und das Panorama in sich hineinsaugen: Skipisten, die von hier oben wie feine Zeichnungen wirken, drüben die schroffen Gipfel des Wallis, beherrscht von Eiger, Mönch, Jungfrau und dem Matterhorn, in der Ferne der mächtige Mont Blanc. Wir gleiten über das ewige Eis des Fieschergletschers, weiter unten die verschneiten Dächer der Bergdörfer, dahinter unbewohnte Seitentäler, Waldstücke, Schneisen, ganz unten im Tal das winzige graue Band der Straße. Die Welt ist ganz weit weg. Man selbst ganz bei sich. Wenn mich jetzt jemand sehen könnte: Unter meiner Pudelmütze und dem Helm verzieht sich mein Gesicht zu einem einzigen großen Strahlen. Aber da der Mensch eben doch kein Adler ist, sinkt der Schirm nach 20 Minuten stetig, die Ausschnitte der Landschaft werden immer kleiner, und schon steht die Landung bevor. Alles ist viel zu schnell gegangen. Viel sanfter als vermutet setzen die Ski im weichen Schnee auf. Am Campingplatz zwischen Fiesch und Fiescheralp. Noch ein paar Meter rutschen, dann ist die winterliche Luftfahrt beendet. Ich bin selig.

Zum Gleitschirmfliegen ist der Winter für Anfänger der ideale Einstieg. Zum einen wegen der geringen Sonneneinstrahlung und der niedrigen Temperaturen. Außerdem entsteht kaum Thermik, so sind die Flüge zwar kürzer, dafür verlaufen sie wesentlich ruhiger, sagt Alexander Furrer. Der Mann muss es wissen. Furrer, 41, gleitet seit 25 Jahren durch die Lüfte. „Wie ein Vogel“, sagt der Profi und seine leuchtenden Augen kriegen noch mehr Glanz. „Abheben, die Freiheit spüren und die Leichtigkeit, das ist der Wahnsinn. Ein Menschheitstraum!“

Die Aletsch Arena versprüht ihren Zauber aber nicht nur, wenn man über sie hinweg gleitet. Sobald das Auto unten in Mörel, Betten Talstation oder Fiesch auf dem Parkplatz steht, der Schlüssel tief im Gepäck versunken ist und sich die Schiebetüren der Seilbahnkabine zum fast 2000 Meter hoch gelegenen autofreien Hochplateau mit seinen idyllischen Bergdörfern schließen, beginnt für die Urlauber ein Wellnessprogramm der besonderen Art: Entschleunigung. Stille hören. Natur erleben. Auftanken! Meterdicke Schneehauben wölben sich über den Dächern der Häuser und auf den Ästen der Bäume, die Wege teilen sich Skifahrer und Fußgänger, in den Kinderwägen auf Kufen sind dick eingepackte Kinder verstaut, und kein Auto weit und breit stört die Ruhe. Lediglich Raupenfahrzeuge sind unterwegs, die den Gepäcktransport von der Bergstation zu den Hotels und Chalets organisieren. Die Holz-Chalets vermitteln ein Gefühl, dass das Leben auch einen anderen Taktschlag haben kann. Das älteste Chalet datiert von 1606, heißt Nagulschbalmu und ist heute ein Alpmuseum. Die Dörfer ruhen auf einer Sonnenterrasse hoch über dem Rhônetal. Wenn die Sonne scheint, und das tut sie oft und lange auf diesem südwärts geneigten Balkon, streift der Blick über 35 Viertausender! Von fast jedem Quartier sind es nur wenige Schritte zur Piste, besonders für Familien sind dies ideale Bedingungen: vom Bett direkt aufs Brett.

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Skifahrer verteilen sich auf rund 100 km Abfahrten. Das Gebiet ist weitläufig, obwohl Hochsaison ist, gehören uns Pisten oft kilometerlang allein. Eindrucksvolle Aussichten genießen auch Langläufer, Winter- und Schneeschuhwanderer auf dem Aletschplateau. Spaß für die ganze Familie verspricht die 13 Kilometer lange Rodelpiste von der Fiescheralp bis ins Tal nach Lax. Vor 13 Jahren wurde die Region Jungfrau-Aletsch von der UNESCO als erstes Gebiet überhaupt im Alpenraum zum Welterbe erklärt. Herzstück bildet der Aletschgletscher – Alpen-Gigant und Highlight der Region. Schon die schieren Zahlen beeindrucken: 23 Kilometer Eis am Stück, 85 Quadratkilometer Fläche (entspricht 12.000 Fußballfeldern), 27,5 Milliarden Tonnen schwer; an manchen Stellen ist das gefrorene Wasser fast einen Kilometer dick! Die Besonderheit, die Einheimische immer wieder betonen: „Bei anderen Gletschern schaut man hoch, bei uns kann man sich im Skigebiet auf die Stöcke lehnen und auf die Gletscherzunge 800 Meter tiefer schauen. Das ist einzigartig.“

„Den schönsten Blick auf den Gletscher bietet das Eggishorn. Die Eismassen des Aletschgletschers zeigen sich hier in seinen ganzen Ausmaßen – vom Jungfraujoch bis zur Zunge.“ Das sagt der Geschäftsführer der Tourismusorganisation Aletsch und ehemalige Skirennläufer Geri Berchtold, der auf der Riederalp aufgewachsen ist und sich gerade die Mütze weiter ins Gesicht zieht. Oben bläst es frisch, Schneekristalle wehen wie Silberflitter horizontal durch die Luft. Durch und durch Lokalpatriot, ist der Tourismus-Chef nicht nur von Berufswegen mit der Region verwurzelt. „Ich kenne auf meinen Haushängen jeden Buckel und jede Tanne, hier fahre ich Ski, seitdem ich fünf bin. Dem bleibt man ein Leben lang verbunden.“ Der Mann liebt seine Heimat, das merkt man sofort, wenn man mit ihm auf Skiern durch die verschneite Winterlandschaft fährt. Immer wieder bleibt er stehen. Erklärt. Grüßt – Einheimische und Stammgäste, denn viele, die hier Urlaub machen, so erklärt er, kommen seit Generationen hierher. Sein Tipp: Einmal in der Woche kann man den Gletscher in seiner kalten Pracht auch im Mondschein bewundern und später mit Fackeln ins Dorf abfahren. Ein eindrucksvolles Erlebnis. „Alles dreht sich – sommers wie winters – um den Gletscher. Ich vergleiche das immer mit Zermatt und dem Matterhorn. Nicht bei jedem Schwung, aber bei fast jedem Schwung sehe ich ihn. Er ist omnipräsent.“

Gibt es einen schöneren Hunger als den nach einem aktiven Tag an der frischen Luft, mit unvergesslichen Natureindrücken? Wir kehren ein in der Bättmerhitta etwas abseits der Piste. Auch zu Fuß ist sie gut über einen Winterwanderweg oder per Sesselbahn zu erreichbar. Der Abstecher lohnt sich – die Bättmerhitta ist klein und urig. Über eine knarzige Treppe geht es hoch in den ersten Stock, wo Gäste vorm offenen Feuer sitzen. Ehrliche, zünftige Kost kommt bei Hüttenwirt Stefan Eyholzer auf den Tisch. 35 Jahre jung, hat er sein Leben der Gastro und der heimischen Landwirtschaft verschrieben. Bekannt ist er für seine Eringerkühe. Die Walliser nennen sie „Königinnen“. Die Rest-Schweiz kennt sie von den berühmten Ringkuhkämpfen. Unser Tischnachbar bestellt „Cholera“. Keine Sorge, gemeint ist natürlich keine Krankheit, sondern eine köstliche, dampfend-heiße Blätterteigspeise – mit Käse, Kartoffeln und Zwiebeln gefüllt. Berühmter ist der bereits in mittelalterlichen Klosterschriften erwähnte „Bratchäs“ der Alphirten, heute bekannt als Raclette. Der Wirt säbelt den fünf-Kilo-Käse-Laib mit einem Messer in zwei Hälften. Eine davon legt Stefan Eyholzer vor das Holzfeuer und wartet bis der schmackhafte Käse zu schmelzen beginnt. Dazu reicht er Speck, Trockenfleisch, Walliser Roggenbrot und einen Schluck Fendant. Eyholzers Spezialitäten sind hausgemachte „Spätzli“, „Hütten-Hörnli“ und „Hus-Minäschtra“ mit Bergkäse „us dem Supputopf“, wie der Walliser mit starkem Schweizer Akzent aufzählt. „Alles gut.“ Wir können nur zustimmen.

Gleitschirmfliegen in der Aletsch Arena
 
Das Flug-Taxi nimmt das ganze Jahr über Passagiere auf Tandemflüge mit (auch Rollstuhlfahrer); der Basic Einsteiger-Flug kostet dabei 120 Euro. Auf dem Programm stehen neben Schnupperflügen auch Pärchenflüge oder Gleitschirmerlebnisse bei Vollmond. www.flug-taxi.ch
 
Das Flyingcenter Oberwallis bietet in Fiesch ganzjährig Tandemflüge ab 120 Euro an. Helm, Handschuhe und Overall werden zur Verfügung gestellt. Mitfliegen dürfen Kinder ab 3 Jahren, Passagiere mit körperlichen Einschränkungen und bis ins hohe Alter. www.flyingcenter.ch
 
„Niemand ist zu alt oder zu jung zum Fliegen. Auch muss man keineswegs schwindelfrei sein. Einmal abgehoben, vergisst man alle Ängste und fühlt sich frei wie ein Vogel“, sagt Raoul Geiger von Airvolution. Im Sommer bietet Airvolution Tandemflüge ab Riederalp an. Ein Flug kostet ab 100 Euro. www.airvolution.ch.
 
Bequeme Anreise mit dem Zug: Über Zürich oder Basel bis Brig, von dort wenige Minuten weiter mit der Matterhorn Gotthard Bahn bis Mörel, Betten Talstation oder Fiesch, dann mit der Luftseilbahn in das autofreie „Obergeschoss“ – die Aletsch Arena mit ihren idyllischen Bergdörfern Riederalp, Bettmeralp und Fiescheralp (Gepäcktransport wird organisiert).