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Die Alpenpässe der Schweiz: Architektur, Geschichte und majestätische Bildwelten

Premiers flocons – Oberalppass (GR) © Richard von Tscharner

Premiers flocons – Oberalppass (GR). © Fotos: Richard von Tscharner

Wer an die Schweiz denkt, sieht häufig majestätische Gipfel, klare Bergseen und spektakuläre Straßen, die sich durch das Hochgebirge winden. Doch Alpenpässe sind weit mehr als nur Verbindungswege über die Berge. Sie sind kulturelle Symbole, technische Meisterleistungen, Zeugen der Geschichte – und im Fall dieses außergewöhnlichen Fotobandes eine Reise in die Tiefe der Zeit.

Was ist ein Gebirgspass? – Ein nüchterner Begriff mit großer Bedeutung

„Als Gebirgspass“, weiß Wikipedia, „bezeichnet man den Übergang in das aus Sicht des Talbewohners jenseits des Gebirges liegende Tal. Als Übergang oder zur Überfahrt geeignet ist eine möglichst tief gelegene, gangbare oder befahrbare Stelle eines Bergkamms, Höhenrückens oder Gratverlaufs zwischen zwei Bergstöcken oder -ketten.“ Doch so nüchtern wie hier beschrieben ist die Sache nicht – vor allem nicht in der Schweiz, dem „Land der Pässe“, wie ein überaus gediegen und elegant gestaltetes Fotobuch betitelt ist.

Die Alpenpässe als prägendes Erbe der Schweiz

Die Alpenpässe der Schweiz haben den Nationalstaat Schweiz geformt – sie sind die Spuren der bewegten Geschichte von Landschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Mit 90 Fotografien von Richard von Tscharner, vielen historischen Aufnahmen und mehreren Texten wird hier ein Phänomen beleuchtet, das auch eine architektonische Komponente hat: Denn Pässe, Passstraßen und Tunnels sind kühne Darbietungen einer architektonischen Leistung. Einer Leistung, hinter der ein großer Wille steht – die Überwindung des Alpenmassivs.

Verkehr, Energie, Identität: Die vielen Facetten der Schweizer Pässe

Aspekte des Verkehrs und der Energiegewinnung, die Bedeutung der Pässe für die Identität der Schweiz, ihre militärische Rolle, aber auch die baulichen Visionen der neuen Alpentransversalen werden in diesem Buch eingehend diskutiert. Doch versetzen uns vor allem die Bilder von Landschaft und Architektur in Erstaunen: die Teufelsbrücke über die Schöllenenschlucht im Kanton Uri, das Kopfsteinpflaster des Gotthard-Passes aus dem Jahr 1831, Cima di reit am Stelvio-Pass in Italien, der winterliche Berninapass in Graubünden, der Furka Pass im Uri. Seien es Saumpfade, römische Fahrwege, befestigte Straßen, später die Eisenbahnen-Linien mit ihren Brücken und Tunneln – sie alle zeigt Richard von Tscharner in majestätischer Erhabenheit.

Die mythische, alpine Schweiz in Grautönen

Es ist eine mythische, alpine Schweiz, die sich hier als vollendetes Miteinander von Grautönen vor uns ausbreitet – wunderbar gedruckte Landschafts- und Architekturbilder des 1947 in Bern geborenen Fotografen, der sich auf die Spur nach der Tiefe der Zeit begibt, nach einer monumentalen Architektur, die in einen intensiven Dialog mit der Natur, mit Gestein und Bergen tritt und sich als markantes Zeichen des menschlichen Geistes zeigt.

Vergänglichkeit und Monumentalität: Ein Blick auf die alpinen Kulturlandschaften

Paradoxerweise empfinden wir beim Betrachten dieser Bilder großer alpiner Kulturlandschaften ein starkes Gefühl für die Endlichkeit der Dinge, für die Vergänglichkeit der Gegenwart. Die sich schlängelnden Linien der Passstraßen, die Eisenbahnschienen, die durch karge, hochalpine Landschaften führen, die spektakulären, riesigen Betonwände der Staumauern an der Grimsel im Berner Oberland, die historische Brücke über die Schöllenenschlucht, die martialische Adlerstatue am Simplonpass – an all diesen Orten hat Richard von Tscharner fotografiert.

Farbbilder der Gegenwart: Spuren des Lebens in den Alpen

In einem zweiten Teil zeigt der Band Farbbilder des Fotografen. Alte, aufgegebene Alpenhotels, etwa eines am Furka-Pass, die alte Gotthard-Passstraße im Ticino, Grenzstationen, eine Gedenkstätte, die an die fürchterlichen, blutigen Kämpfe im Ersten Weltkrieg erinnert, fotografierende Touristen am Nufenen-Pass. Diese Farbbilder zeugen von der Gegenwart.

Fotografische Momente für die Ewigkeit

Die Darstellung von Menschen, Verkehr und Tourismus: Solche Bilder kennt man und hat sie in den vergangenen Jahren immer wieder gesehen. In ihren erhabenen Grautönen hingegen trifft uns die fotografische Kunst Richard von Tscharners an einer empfindlichen Stelle: Hier zeigt er uns fotografische Momente für die Ewigkeit, entreißt sie dem Fluss der Zeit, zeigt uns das, was jetzt noch ist, vor allem aber auch, was irgendwann nicht mehr da sein wird.

Bildergalerie: Zum Vergrößern anklicken. // © Fotos: Richard von Tscharner

Gut zu wissen

Richard von Tscharner: Land der Pässe. Eine Zeitreise in die heutige Schweiz.
Herausgegeben von Richard von Tscharner, Fondation Carène

Die Schweizer Alpenpässe: Verbindungswege, Orte der Begegnung und zentraler Teil der nationalen Identität

Gebunden, 264 Seiten, 50 farbige und 74 s/w-Abbildungen, 30 x 30 cm.
Scheidegger & Spiess