Heimatküche neu gedacht – in Zell am See-Kaprun im Boutiquehotel Margarethenstein gibt die Natur den Ton an. Küchenchefin Magdalena Schwarz denkt Tradition neu und setzt auf Wild, Wald und echte Handwerkskunst. Ein Gespräch über die moderne Alpenküche, die leichter, wilder und ursprünglicher ist denn je
Kaiserschmarrn, Germknödel, Schnitzel mit Pommes? Die alpine Küche kann längst mehr. Die moderne alpine Küche setzt auf Regionalität, Leichtigkeit und kreative Neuinterpretationen. Besonders in Zell am See-Kaprun. Eine, die diesen Trend vorantreibt, ist Magdalena Schwarz. Die gebürtige Zellerin und Küchenchefin im Boutique Hotel Margarethenstein in Kaprun verbindet Tradition mit Innovation und bringt – mit Wild als Hauptakteur – neue Impulse auf den Teller. Im Interview erzählt die 30-Jährige, wie sie klassischen Gerichten einen überraschenden Twist verleiht und warum sie am liebsten Wild zubereitet.

Juniorchefin Magdalena Schwarz setzt auf heimische Produkte, regionale Erzeuger und Wildfleisch aus der hoteleigenen Jagd in der Fusch.
Was bedeutet für Sie moderne alpine Küche?
Alpine Küche bedeutet für mich vor allem eines: Natur pur. Alles, was unsere Berge und Wälder hergeben – Wild, Beeren, Pilze – steht im Mittelpunkt. Wild ist für mich die wichtigste Zutat, weil es regional, nachhaltig und unglaublich schmackhaft ist. Die moderne alpine Küche ist innovativ, ohne ihre Wurzeln zu verlieren, und respektiert die Kreisläufe der Natur.
Wann verliert ein Gericht seine alpine Identität?
Kreativität ist wichtig, aber die Balance muss stimmen. Ich finde, es sollten nicht zu viele Komponenten auf einem Teller sein. Gerade bei Wild sollte das Fleisch selbst der Star sein. Zu viel Drumherum lenkt davon ab.
Wie prägt die Natur von Zell am See-Kaprun die alpine Küchenphilosophie der Region?Unsere Küche ist ein Spiegel der Landschaft – authentisch, saisonal und nachhaltig. Neben Wild prägen vor allem Beeren, Pilze und Wildkräuter unsere Küche. Vieles sammeln wir im Sommer in den Wäldern rund um Zell am See und Kaprun und machen es haltbar, damit wir auch im Winter darauf zurückgreifen können. Aus heimischen Gewässern stammen Lachsforellen, und Alpengarnelen beziehen wir aus Kufstein. Besonders stolz sind wir auf unser Wildfleisch: Mein Vater ist Jäger und versorgt uns mit erstklassigem Fleisch aus unseren Wäldern.
Wie kann man den Charakter der alpinen Küche bewahren, ohne dass sie schwer im Magen liegt?
Früher war alpine Küche oft sehr sahnelastig und deftig. Heute achten wir darauf, mit leichten Komponenten zu arbeiten, um den Geschmack nicht zu überlagern, sondern zu unterstreichen.
Gilt das auch für Wild?
Ja, wir setzen auch bei Wild auf eine natürliche Zubereitung ohne schwere Saucen. Heute würzen wir sanfter und verwenden moderne Beilagen. Ein Beispiel ist unser „Zweierlei vom Hirsch“, wo klassischer Rücken auf modern interpretiertes Hirschgulasch trifft. Statt der üblichen Spätzle oder Knödel servieren wir Polenta-Perlen mit Bergkäsefüllung oder einen Spinat-Kartoffel-Strudel.
Mit welchen Techniken werden die heimischen Produkte haltbar gemacht?
Neben dem klassischen Einfrieren legen wir viel Wert auf traditionelle Methoden wie das Einlegen oder Einmachen. Marmeladen sind beim Frühstück ein großes Thema. Die Techniken und Rezepte unserer Großeltern erleben gerade ein echtes Revival, weil sie oft nachhaltig und sinnvoll sind.
Haben Sie ein Familienrezept, das heute noch in Ihrer Küche lebt?
Ein altes Familienrezept meiner Oma sind die Wild-Leberknödel. Wir servieren die Knödel in einer Gamssuppe – wobei Gamsfleisch sehr selten ist. Die Tiere leben weit oben in den Bergen und viele Jäger behalten das Fleisch lieber für sich. Da wir aber direkt an der Quelle sitzen, können wir solche Spezialitäten anbieten.
Wie nachhaltig und regional ist die moderne alpine Küche?
Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle – wer auf Regionalität und Saisonalität setzt, reduziert automatisch Transportwege und Umweltbelastungen. In Zell am See-Kaprun achten immer mehr Restaurants auf diese Werte. Auch wir arbeiten so natürlich wie möglich – etwa 80 Prozent unserer Zutaten sind biologisch, auch wenn wir kein offizielles Zertifikat haben. Besonders wichtig ist uns die enge Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Zulieferern: Unsere Eier kommen aus dem Nachbardorf, Fleisch und Wurstwaren beziehen wir vom lokalen Metzger. Uns geht es um Qualität und Transparenz.
Welche Rolle spielt da Wild?
Wild ist eines der gesündesten Fleischsorten. Die Tiere fressen nur die besten Kräuter und leben in der freien Natur. Das macht sich in der Fleischqualität bemerkbar. Außerdem hat Wild den stressfreiesten Tod – ein sauberer Schuss, kein Transport, keine Massentierhaltung. Das ist nicht nur ethisch vertretbar, sondern schmeckt auch besser.
Welche Wildgerichte spiegeln ihre Küchenphilosophie am besten wider?
Ich experimentiere gern und interpretiere Klassiker neu. Unser Hirschschnitzel in Nusspanade verbindet Regionalität mit einem modernen Twist. Zu unseren Spezialitäten zählen unser „Pulled Wild“, eine alpine Interpretation von „Pulled Pork“, bei niedriger Temperatur langsam gegart, oder die „Wilden Bao Buns“ – gedämpfte Hefeteigtaschen gefüllt mit Wildfleisch und eingelegtem Rotkraut. Fast schon ein Klassiker ist das „Wild Tonnato“, das den mediterranen Klassiker kreativ und neu interpretiert. Diese Gerichte bringen eine spannende Fusion aus alpiner und internationaler Küche auf den Teller.
Gibt es einen besonderen Ort in der Region, an den Sie sich zurückziehen – sei es zur Inspiration oder einfach, um Ruhe zu finden?
Einen festen Rückzugsort habe ich eigentlich nicht. Aber ein Ort, an dem ich immer wieder gern bin, ist der Klammsee in Kaprun. Ich liebe die besondere Atmosphäre dort – das Wasser, die Berge und die Stille bringen sofort Ruhe und Klarheit.

À-la-carte-Küche im Restaurant Margarethenstein für externe und Hotelgäste.
Das schmeckt lecker!
Küchenchefin Magdalena Schwarz hat für ALPS ihr Rezeptbuch geöffnet. Im Mittelpunkt des 3-Gänge-Menüs steht ein rosa Hirschrücken im Gewürzmantel

Ofenkürbis & Zupfsalat
Ofenkürbis & Zupfsalat
Ofenkürbis & Zupfsalat | Kürbis | Gamsspeck | Frischkäse
Frischkäsecreme:
• 250 g Frischkäse
• 100 g Crème fraîche
• Abrieb & Saft von 1 Bio-Zitrone
• Salz, Pfeffer
Alle Zutaten in einer Schüssel vermengen und glatt rühren.
Bis zum Anrichten in den Kühlschrank stellen.
Dressing:
• 100 ml Olivenöl
• 50 ml dunkler Balsamico
• Salz, Pfeffer
• 1/2 TL Honig
Alles in ein Schraubglas geben und gut schütteln, bis sich ein cremiges Dressing bildet.
Kürbis:
• Hokkaido-Kürbis, entkernt, in Würfel und Spalten geschnitten
• Olivenöl
• Salz, Pfeffer
• 1 Prise Kreuzkümmel
Den Ofen auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Die Kürbiswürfel auf ein Backblech legen, Olivenöl und Gewürze darüber verteilen. Bei 200 Grad für ca. 20 Minuten auf Sicht backen.
Was wir noch benötigen: Zupfsalat, dünn geschnittenen Gamspeck oder Speck nach Wahl
Anrichten: Die Frischkäsecreme und den vorbereiteten Zupfsalat auf einem Teller setzen, das Dressing über dem Salat verteilen, mit Kürbissstücken und Speck garnieren.

Rosa Hirschrücken im Gewürzmantel
Rosa Hirschrücken im Gewürzmantel
Rosa Hirschrücken im Gewürzmantel | Erbsencreme | Rote Rüben
Hirschrücken:
• 1 kg Hirschrücken, geputzt
• Salz, Pfeffer, Kräuter (Rosmarin, Thymian)
• Olivenöl zum Braten
• 50 g kalte Butter
Den Ofen auf 110 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Den Hirschrücken salzen und pfeffern und in einer sehr heißen Pfanne von allen Seiten scharf anbraten. Kräuter und Butter dazugeben und das Fleisch mit dem entstehenden Saft übergießen. Das Fleisch aus der Pfanne nehmen und auf einem Blech im Ofen für ca. 15 Minuten rasten lassen.
Erbsencreme:
• 1 Zwiebel, in Würfel geschnitten
• 50 g Butter
• 500 g TK-Erbsen
• 100 ml Weißwein
• Salz, Pfeffer, Muskatnuss
• 90 ml Obers
Die Zwiebel im Topf mit der Butter glasig anschwitzen. Die Erbsen dazugeben und kurz mitdünsten. Mit Weißwein ablöschen. Sobald die Flüssigkeit verkocht ist, die Gewürze zugeben. Mit Obers und eventuell etwas Wasser gar kochen. Mit einem Pürierstab fein pürieren, bis eine Creme entsteht. Nach Geschmack gern noch ein Stückchen Butter dazugeben.
Rote Rüben:
• 20 g Butter
• 3 Knollen gegarte Rote Rüben, gewürfelt
• 1 EL brauner Zucker
Die Butter in einer heißen Pfanne schmelzen und die Roten Rüben darin leicht anbraten. Mit Zucker bestreuen und karamellisieren lassen.
Wildsauce:
• Abschnitte und zwei Knochen vom Wild
• 1 Zwiebel, fein gewürfelt
• Wurzelgemüse, grob geschnitten
• Tomatenmark
• 1/2 l Portwein
• Preiselbeermarmelade
• Wacholderbeeren
• 1 Zimtstange
• Salz & Pfefferkörner
Etwas Öl in einem Topf erhitzen. Abschnitte, Knochen, Zwiebel und Gemüse darin anrösten. Sobald ein leichter Bratduftstand am Boden entsteht, etwas Tomatenmark dazugeben und kurz umrühren. Mit Portwein ablöschen und Preiselbeeren einrühren. Immer wieder Portwein nachgießen und Preiselbeeren zugeben, bis eine dunkle Sauce entsteht. Dann mit etwas Wasser aufgießen, Wacholderbeeren, Zimtstange, Pfefferkörner und etwas Salz zugeben und alles drei Stunden köcheln lassen. Ab und zu Portwein nachgießen. Sauce in einem Topf sieben und weiter kochen, bis die Sauce eindickt ist.
Anrichten: Die Erbsencreme auf einem vorgewärmten Teller anrichten, die Roten Rüben darauf geben. Hirschrückentranchen mit Wildsauce überziehen und servieren.

Topfen-Grieß-Auflauf mit Weichselkompott
Topfen-Grieß-Auflauf mit Weichselkompott
Topfen-Grieß-Auflauf | Weichselkompott
Auflauf:
• 3 Eier
• 60 g Zucker
• Saft von 1/4 Bio-Zitrone
• 250 g Topfen
• 50 g Weizengrieß
• 250 g Sauerrahm
• Butter für die Förmchen
Den Ofen auf 180 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Die Eier trennen und das Eiklar steif schlagen, dabei nach und nach die Hälfte vom Zucker einrieseln lassen. Die Dotter mit dem restlichen Zucker und Zitronensaft schaumig rühren, dann Topfen, Grieß und Sauerrahm zugeben. Den Eischnee unter die Dottermasse heben. Förmchen mit Butter ausstreichen undmit der Masse befüllen. Den Auflauf ca. 30 Minuten backen, bis er goldgelb gebräunt ist.
Weichselkompott:
• 500 g Weichseln aus dem Glas, entsteint
• 2 EL Kristallzucker
• ca. 1 EL frischer Rosmarin, klein gehackt
• 1 EL Speisestärke
Die Weichseln im Sieb abtropfen lassen, den Saft auffangen. Den Zucker im Topf langsam schmelzen lassen, dann den Weichselsaft dazugeben. (Vorsicht, kann spritzen!) Umrühren, bis sich alles aufgelöst hat. Rosmarin dazugeben. Die Speisestärke mit etwas Wasser in einer Schüssel verrühren und zum Saft geben. Anrühren lassen, bis sich alles gut verbindet. Den Topf vom Herd nehmen und die Weichseln dazugeben. Abkühlen lassen.
Was wir noch benötigen: Staubzucker, Minzeblätter.
Anrichten: Den Auflauf mit Staubzucker bestreuen, das Kompott mit Minzeblättern garnieren.




