Am Südrand der Alpen, im Grenzgebiet von Italien und der Schweiz, liegen der Lago di Como, der Lago di Lugano und der Lago Maggiore – drei Nachbarn mit jeweils eigenem Charme und Charakter. Wir waren fünf Tage lang unterwegs und haben die drei großen Seen und ihre Bergwelt kennengelernt






Lago di Como: Blick von der Bergstation der Funicolare.



Wassertaxen allüberall: Auf dem Lagi di Maggiore sind neben der Linienschifffahrt private Shuttleservices unentwegt im Einsatz.
1. Tag // Lago di Como / Lago di Lugano
Der Lago di Como gilt als exklusivstes Pflaster in der Region der großen oberitalienischen Seen. Könige und Künstler, Fabrikanten und Filmstars haben sich hier prachtvolle Villen errichten lassen – oder solche Traumimmobilien gekauft. Zuletzt war es Hollywood-Charmeur George Clooney, der als neuer Eigentümer der Villa Oleandra im malerischen Uferdörfchen Laglio den Comer See in die internationalen Lifestyle-Magazine brachte. Unsere Tour beginnt in der Stadt Como, die fast ein Vorort von Mailand ist. Nur 40 Minuten dauert die Bahnfahrt von der lombardischen Metropole an den See. Altstadtbummel, Uferspaziergang, schlemmen in einer urigen Osteria – Como ist perfekt zum „Runterkommen“. Hochfahren lohnt aber auch. „La Funicolare“, die Standseilbahn, pendelt seit 1894 zwischen der Stadt am See und dem Villenort Brunate. Oben angekommen: ein Panorama zum Niederknien. Später lassen wir den Lago an Bord der Fähre auf uns wirken. Nach einer Stunde See-Fahrt gehen wir in Brienno, am Westufer, an Land und kehren im wunderbaren Crotto dei Platani ein. Später geht’s mit dem Bus Richtung Norden durchs Menaggio-Tal. Im hübsch verträumten Porlezza, am italienischen Nordostende des Luganer Sees, ist das Tagesziel erreicht.
www.navigazionelaghi.it
www.crottodeiplatani.it
www.parco-san-marco.com
2. Tag // Sentiero 4 Valli (4-Täler-Weg)
Anderntags schnüren wir die Wanderstiefel. Die Bergwelt zwischen Comer und Luganer See lässt sich auf dem 50 Kilometer langen „Sentiero delle 4 Valli“, dem 4-Täler-Wanderweg, erleben. Der führt vom Westufer des Lago di Como bei Menaggio nach Dasio nahe des Luganer Sees. Wir legen die Teilstrecke von Seghebbia Val Rezzo nach Cavargna zurück und sind dabei auf Schmugglerpfaden unterwegs, wie wir von Francesca Mai, unserer Bergführerin, erfahren. Idyllisches Etappenziel ist das winzige Dorf San Lucio, einen Steinwurf von der Schweizer Grenze entfernt. Mitten im Ort trotzt eine hübsche Kirche dem Lauf der Zeit. Etwas außerhalb, auf 1554 Metern über Meereshöhe, liegt die Schutzhütte Rifugio San Lucio. Auf der Terrasse bietet sich feinste Fernsicht auf Schweizer Alpengipfel. Drinnen locken Kaminwärme und Pizzocheri, Buchweizennudeln mit reichlich Käse, die den Beweis antreten, dass Einfaches mitunter eine Offenbarung ist. Auf der Rückfahrt zum Hotel in Porlezza legen wir einen Stopp in Castello Valsolda ein. Kaum 60 Einwohner zählt der Ort am Nordwestufer des Luganer Sees. In seinen pittoresken Gassen lässt sich der Atem wechselvoller Geschichte spüren.








3. Tag // Val Vigezzo und Domodossola
Die Schweizer Flagge flattert am Heck des Fährschiffs, das uns von Porlazza nach Lugano bringt. Bergkulissen und Uferorte ziehen vorbei. Auf halber Strecke passiert das Schiff – unmerklich – die Landesgrenze. Bald weitet sich der Nordarm des Sees zu einer Bucht. Vor uns liegt Lugano, die Perle des Tessins. Dass die Stadt mit Stränden am tieflauen See vor Lebensqualität nur so strotzt, ist schon auf den ersten Blick zu sehen. Wir machen Kaffeepause am Anleger – dann geht’s auch gleich weiter mit dem Zug nach Locarno, das am – schweizerischen – Nordende des Lago Maggiore liegt. Dort steigen wir um in die Centovalli-Bahn, die zwar nicht wirklich durch 100 Täler (cento valli) fährt, aber auf der Panorama-Schmalspurstrecke ins italienische Domodossola 83 Brücken und Viadukte quert. In Santa Maria Maggiore legen wir einen Zwischenstopp ein. Der Hauptort des Vigezzo Tals hat 1300 Einwohner und überrascht mit viel Kultur: Parfüm- und Schornsteinfeger-Museum liegen unweit der 1869 eröffneten Kunstschule, wo einst Dorfkinder mit künstlerischem Talent gefördert wurden. Heute sind hier Bilder der Künstler aus dem Tal ausgestellt. Eine späte Bahn bringt uns nach Domodossola, wo wir uns verwöhnen lassen – mit Michelin-Stern-Küche von Giorgio Bartolucci im Atelier-Restaurant: fantastico!
www.vigezzinacentovalli.com
www.eurossola.com/de/atelier-restaurant








4. Nationalpark // ValGrande / Lago Maggiore
Zwischen Domodossola und dem Lago Maggiore erstreckt sich der Nationalpark Valgrande – die größte Wildnis im Alpenraum. Wer die menschenleere Einsamkeit auf sich wirken lassen und das Valgrande durchqueren will, braucht dafür zwei Tage und sollte es nur mit einem Bergführer tun. Denn touristische Infrastruktur gibt es hier nicht, und die Bergrücken, die Valgrande, das große Tal, einrahmen, schirmen es gegen elektromagnetische Wellen ab – so bleiben Handys ohne Empfang. Menschenleer war das Valgrande nicht immer. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde hier intensive Almwirtschaft betrieben. Nachdem die letzte Alm Ende der 60er Jahre aufgegeben wurde und kein Weidevieh die Vegetation in Schranken wies, hat die von der Zivilisation befreite Natur die Regie übernommen. Unsere Tour führt uns auf den Pizzo Pernice am äußeren Rand des Tals. Silhouetten der umliegenden Berge erscheinen wie ein blaues Meer aus Stein. In der Ferne glitzert der Lago Maggiore. Stresa, den wohl berühmtesten Ort am großen See, erreichen wir nachmittags mit dem Zug ab Domodossola. Später, beim Sundowner auf der Hotelterrasse denken wir an Hemingway und andere Berühmtheiten, die diesen Blick lange vor uns genossen haben.








5. Tag// Borromäische Inseln / Lago Maggiore
Der Lago Maggiore steht für üppige Pflanzenpracht. Schon vor Jahrhunderten haben sich Menschen – im milden Klima – ihre botanischen Träume erfüllt. Captain Neil Boyd Mc Eacharn, Spross einer schottischen Reederfamilie, kaufte sich in den 1930ern eine Villa in Verbania an der Borromäischen Bucht und verwandelte das riesige Grundstück in einen Botanischen Garten, der heute zu den berühmtesten der Welt gehört. Heute hegen und pflegen Gärtner im Staatsdienst Mc Eacharns Erbe. Besucher können sich von Ende März bis Anfang November von farbenprächtigen Schauspielen von Kamelien, Lilien, Seerosen und Co. betören lassen. In der Borromäischen Bucht liegen winzige Eilande, die sich bis heute größtenteils im Besitz der adligen Familie Borromeo befinden. Die Vorfahren der heutigen Grafen haben die Isola Bella zu einem barocken Gartenkunstwerk stilisieren lassen und die benachbarte Isola Madre zu einem romantischen Blütenparadies, von dem Gustave Flaubert einst schwärmte, er kenne auf der Welt keinen sinnlicheren Ort als diesen. Während Touristen die Isola Madre abends verlassen müssen, können sie es sich auf der Isola Bella auch nach Sonnenuntergang gut gehen lassen – beim Abendessen in einem feinen Restaurant oder auch im Bett eines stilvollen Hotelzimmers.









Blick auf die 3000er und 4000er Pizzo Bottarello, Pizzo di Loranco, Pizzo d‘Andolla und Weissmies Lagginhorn.