Was wie ein romantischer Aussteigerjob scheint, ist in Wahrheit Knochenarbeit in bester Kulisse: Die Bewirtschaftung einer Alpenvereinshütte ist anspruchsvoll und verlangt den Pächter*innen einiges ab – ein Grund, warum die Schutzhütten immer öfter ohne Wirtsleute dastehen. Facetten einer neuen Herausforderung für die alpinen Vereine.
In den Sektionen des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) waren 2025 17 alpine Schutzhütten zur Pacht ausgeschrieben. Fünf davon stehen nach der letzten Saison erneut ohne Wirtsleute da – Tendenz steigend. „Es ist ein Problem, das sich in den letzten Jahren spürbar verstärkt hat und unsere Sektionen vor eine Herausforderung stellt. Ein Viertel der neuen Pächter und Pächterinnen hat nach nur einem Jahr wieder gekündigt“, bestätigt Georg Unterberger, der Leiter der Abteilung Hütten und Wege im Alpenverein. „Wo kein Pächter gefunden wurde, mussten wir Alternativen erarbeiten, oder die Hütte konnte in seltenen Fällen gar nicht erst aufgesperrt werden.“

Arthur von Schmid Haus © Foto: Alpenverein/Bianca Sieberer
Wirtsleute müssen echte Allrounder sein
Einen Grund ortet der Alpenverein darin, dass sich die Anforderungen an den Hüttenbetrieb verschärft haben, sich viele Interessent*innen dessen aber nicht bewusst sind. Bei einigen Ausschreibungen war unter 30 Bewerbungen kaum ein geeignetes Profil zu finden. Georg Unterberger dazu: „Wer heutzutage eine Alpenvereinshütte pachtet, muss ein echter Allrounder sein. Unsere Wirtsleute sind Gastronomen, sie müssen sich aber auch mit Trinkwasseraufbereitung, Kläranlagen, Stromversorgung, Materialseilbahnen und Brandmeldeanlagen auskennen. Daneben sollten sie ihre Gäste alpinistisch beraten können, auf kulinarische Wünsche eingehen und eine angenehme Atmosphäre auf der Hütte schaffen – insgesamt ein Aufgabenprofil, das die wenigsten erfüllen können und viele schlicht und einfach unterschätzen.“
Das Leben als Hüttenwirt oder Hüttenwirtin sei für einige ein Traum, bedeute aber in der Realität auch harte Arbeit. Das bestätigt Carolin Scharfenstein von der Abteilung Hütten und Wege: „Ruhetage gibt es auf Alpenvereinshütten in der Regel keine, da diese eine Schutzfunktion zu erfüllen haben. Und die Beliebtheit der Hütten als Freizeitziel nimmt generell zu – ein Umstand, der uns als alpinen Verein natürlich freut, den Wirtsleuten und Sektionen aber auch mehr Arbeit bereitet.“
Trotzdem ist die Arbeit als Hüttenwirt oder Hüttenwirtin für viele eine Berufung, erklärt Scharfenstein, die im Alpenverein auch als Ansprechpartnerin für die Wirtsleute im Einsatz ist: „Das Leben in den Bergen hat seinen eigenen Zauber. Unsere langjährigen Wirtsleute schwärmen von den netten Begegnungen auf der Hütte, von dem besonderen Teamgefühl im Alpenvereinsnetzwerk, vom Gestaltungsspielraum, den das Hüttenleben bietet und von der positiven Herausforderung, dass eben kein Tag wie der andere ist.“

Oberwalder-Hütte. © Foto: Alpenverein/Harald Herzog
Pachtdauer im Schnitt: 11 Jahre
Dass viele Wirtinnen und Wirte in den Bergen ihren Traumjob gefunden haben, belegt die durchschnittliche Pachtdauer auf Alpenvereinshütten: Laut Alpenvereinsstatistik bleiben die Wirtsleute ihrer Hütte im Schnitt 11 Jahre lang treu. Überschritten wird diese Marke vor allem in Vorarlberg und Tirol, kürzer im Einsatz bleiben die Hüttenwirtsleute in Niederösterreich. Herausragende Beispiele für die Kontinuität sind etwa die Reißeck-Hütte in Kärtnen (40 Jahre) und die Obstansersee-Hütte in Tirol (30 Jahre), sowie das Solstein-Haus (T), die Hofpürgl-Hütte (S), die Salm-Hütte (K), die Gmundner Hütte (OÖ), die Wolayersee-Hütte (K) und die Franz-Senn-Hütte (T), deren Pächter*innen seit 20 Jahren und mehr im Einsatz sind.

Hofpürgl-Hütte. © Foto: Alpenverein/Verena Helminger
Gesellschaftliche Phänomene und Lösungsansätze im Alpenverein
Zunehmend kürzere Einsätze sieht der Alpenverein auch dadurch bedingt, dass das „Familienunternehmen“ Hüttenbetrieb, also die Weitergabe der Hütte von Generation zu Generation, seltener wird. Carolin Scharfenstein dazu: „Die jüngste Generation ist nicht mehr so sehr gewillt, den Betrieb der Eltern zu übernehmen. Und dass man den Arbeitgeber öfter wechselt und ‘Mitarbeitertreue’ in der Arbeitswelt an Bedeutung verliert, ist ein gesellschaftliches Phänomen, das sich natürlich auch auf den Hüttenbetrieb niederschlägt.“
Um künftig wieder mehr längerfristige Engagements zu ermöglichen, tritt der Alpenverein über Messen und soziale Medien aktiv auch an jüngere Interessierte heran. Fortbildungen sollen den neuen Pächtern und Pächterinnen nötige Unterstützung bieten. Zusätzlich erarbeitet der Verein mit seinen Sektionen faire Pachtbedingungen und versucht, bürokratische Hürden aus dem Weg zu räumen. „Wir sind auch für alternative Betriebs- und Bewirtschaftungsformen offen, etwa eine Pacht im Team mit befreundeten Geschäftspartnern. Und wenn sich wirklich kein Pächter findet, müsste man als Notlösung eine Bewartung durch Ehrenamtliche oder die Umstellung auf eine Selbstversorgerhütte andenken“, so Scharfenstein.
Pächter- und Pächterinnensuche österreichweit
Folgende Hütten des Österreichischen Alpenvereins sind derzeit auf der Alpenvereins-Homepage zur Pacht ausgeschrieben:
- Bettelwurf-Hütte (Tirol)
- Guttenberg-Haus (Steiermark)
- Fraganter Schutzhaus (Kärnten)
- Hess-Hütte (Steiermark)
- Hinteralm-Haus (Steiermark)
- Lienzer Hütte (Osttirol)
- Oberwalder-Hütte (Kärnten)
- Reichenstein-Hütte (Steiermark) ab 2027
- Seethaler-Hütte (Oberösterreich)
- Zittel-Haus (Salzburg)
Linktipps:
- Hüttenjobs | Stellenausschreibungen auf Alpenvereinshütten
- Hütten finden und filtern im Tourenportal des Alpenvereins | alpenvereinaktiv.com
- Wie verhält man sich „richtig“ auf Alpenvereinshütten? | Hüttenknigge
Klare Rollenverteilung beim Hüttenbetrieb
Die Rollen von Pächtern und Pächterinnen, Alpenvereinssektion und Hauptverein sind klar definiert:
Der Pächter und die Pächterin sind für die Bewirtschaftung der Hütte zuständig, bezahlt je nach Standort eine prozentuale Umsatz- oder Fixpacht und übernimmt die Betriebskosten. Zu den Einnahmen zählen die gesamten Einnahmen aus der Gastronomie sowie ein Anteil der Nächtigungsumsätze, der Rest geht an die jeweilige Alpenvereinssektion.
Die Alpenvereinssektion als Verpächterin ist zuständig für die Instandhaltung der Hütte und stellt den Wirtsleuten die betriebsbereite Gebäudeeinrichtung für Gastronomie und Nächtigungsbetrieb zur Verfügung. Größere Umbauten und etwa die Einrichtung der Wasser- und Energieversorgung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Sektion und müssen auch durch sie finanziert werden.
Der Hauptverein des Alpenvereins mit Sitz in Innsbruck übernimmt die Schulungen für Wirtsleute und Sektionen und berät bei Fragen zu Hüttenbau, Hüttentechnik und -betrieb. Außerdem ist er zuständig für die Vergabe der Fördermittel zur Instandhaltung der Alpenvereinshütten und -wege, die sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Zuschüssen der öffentlichen Hand zusammensetze




