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Brixen & Plose: Kunst, Licht und Wasser

Domplatz Brixen

Brixen ist die älteste Stadt Tirols und bekannt für ihre Vielseitigkeit: die perfekte Kombination aus Stadt und Berg, aus Kultur und Sport, aus Genuss und Erlebnis. © Fotos: Brixen Tourismus Gen.

Kunst, Licht und Wasser und ein Kopf voller Träume und Gedanken. Frei sein und sich fallen lassen, dahin treiben auf der Wasseroberfläche, untertauchen und das Licht in sich tragen. Kritisch sein und verspielt, ein Wechselbad der Gefühle. Aufschreien und in sich verharren, Spaß haben am Leben, die Welt sehen. Und sie verstehen?

Brixen und das Wasser sind von jeher untrennbar miteinander verknüpft. Seit in der Jungsteinzeit die ersten Menschen auf der Anhöhe am Zusammenfluss von Eisack und Rienz ansässig wurden, lassen sich die Geschicke dieser Siedlung nicht vom Wirken des Urelements trennen. Bis in die Gegenwart sind die Zeugnisse dieser Jahrtausende alten Beziehung mit allen Sinnen erfahrbar. „Die Kraft der Gletscher und des Wassers bereitete den Boden für unsere Weinberge“, sagt Werner Waldboth von der Stiftskellerei des Klosters Neustift, die weit über die Grenzen der Region hinaus für ihre mineralischen Weißweine berühmt ist. „Das Wasser zeigte in Brixen immer wieder auch seine zerstörerische Gewalt“, weiß Wanderführer Andreas Vale. „Aber es legte mit seiner Heilkraft Ende des 19. Jahrhunderts auch die Grundlage für den florierenden Tourismus.“ Dagmar Gnieser, Gründerin der Craft Beer-Brauerei Köstlan, ergänzt: „Dank des guten Wassers vom Brixner Hausberg Plose müssen wir nicht in eine Wasser-Aufbereitungsanlage investieren“. Und Stefanie Prieth, Kuratorin des alljährlich im Mai stattfindenden, spektakulären Water Light Festivals, hat nicht nur durch die Arbeit mit den Künstlern nun einen ganz neuen Zugang zur Kostbarkeit von Wasser gewonnen. „Generell hat sich seit einigen Jahren, bei uns wie auch bei den Gästen, die hierher kommen, ein ganz anderes Bewusstsein für die Qualität des Wassers breit gemacht, das wir hier haben.“

Köstliches Wasser – überall

Brixen Wasser und Licht

Das Ski- und Wandergebiet von Brixen. Nur 7 km vom Stadtzentrum entfernt befindet sich der Hausberg von Brixen – die Plose. Eines der schönstes Wander- und Bikegebiete Südtirols mit herrlichem Dolomitenpanorama

Denn sowohl das Wasser von der Plose wie auch das Schalderer Wasser, das in großen Teilen der Stadt aus der Leitung kommt und aus zahlreichen Trinkwasser-Brunnen in der Stadt und auf dem Hausberg Plose sprudelt, sei so gut, dass es für niemanden Sinn mache, in Einweg-Plastikflaschen abgepacktes Mineralwasser mit sich herumzuschleppen, erklärt Prieth. Deshalb wurde eine Edelstahlflasche entwickelt, die es auch auf allen Hütten zu kaufen gibt. Die Aktion, so Prieth, werde nicht nur von den Gästen, sondern auch von den Einheimischen, sehr gut angenommen und trage erheblich zu dem mit der Reinerhaltung von Wasser und Umwelt unmittelbar verbundenen Ziel bei, den Plastikmüll auf der Plose zu reduzieren. Aufgefüllt werden kann die Flasche nicht nur auf den Hütten und Brunnen am Berg, sondern auch an den Trinkwasserbrunnen in der Brixener Altstadt.

Die Spuren des Wassers

Von diesen Brunnen haben nicht wenige schon seit dem Mittelalter das Überleben der Brixener Bevölkerung gesichert, berichtet Wanderführer Andreas Vale. „Bis zu einem gewissen Grad ging es, gerade im Mittelalter, für eine Stadt auch darum, autark zu sein, sowohl in der Versorgung mit Trinkwasser wie auch mit Nutzwasser, beispielsweise um Mühlräder anzutreiben. Deshalb gab es eine ganze Reihe von Kanälen, die durch das Stadtgebiet geführt wurden.“ Vales Tour „Wildes Wasser“ streift auch die Bedeutung der heilsamen Kräfte des Wassers, die sich Kurgäste schon früh in Bade- und Kneipp-Anwendungen angedeihen lassen konnten. Mit ihnen legte der Politiker und Kurarzt Otto von Guggenberg (1848 – 1914) auch die Grundlage für einen frühen touristischen Aufschwung der uralten Bischofsstadt. Ein weiteres Thema Vales sind die Einfriedungen und Begradigungen des Brixen durchströmenden „Wilden Wassers“. Der Zusammenfluss von Eisack und Rienz beispielsweise erfolgte ursprünglich fast im rechten Winkel. Bei Hochwasser kam es deshalb immer wieder zu katastrophalen Überschwemmungen. Deren letzte im Jahr 1882 führte zur Regulierung des Eisacks ab 1883: Der Flusslauf wurde verengt und so begradigt, dass die Rienz seitdem beinahe parallel in den schneller fließenden Eisack einströmt. Die dabei entstandene Landfläche wurde in eine der idyllischsten Grünanlagen der Stadt verwandelt, die Rappanlagen. Ein weiterer, nun zum Weiher gewordener Eisackarm prägt eine weitere attraktive Grünanlage im Süden der Stadt, den Lido. An seinen Ufern hat sich inzwischen eines der idyllisch gelegensten, aber auch besten und experimentierfreudigsten Restaurants der Stadt angesiedelt, der Foodparc brix 0.1 der beiden kreativen Jungköche Ivo Messner und Philipp Fallmerayer.

Die Urkräfte des Wassers schmecken

Im Brixener Norden beeinflusst das Wasser Gaumenfreuden auf ganz andere Weise: Für die berühmten Weine des Klosters Neustift spielt es zwar keine unmittelbare, aber eine große mittelbare Rolle, erklärt Marketingleiter und Weinexperte Werner Waldboth. „Wein erhält seine einzigartigen Geschmacksnuancen durch den Boden, durch den sich die Wurzeln der Weinstöcke graben müssen, um an Wasser zu gelangen. Im Eisacktal besteht er aus dem Schutt der Moränen, den die Gletscher aus dem Wipptal und dem Pustertal während der letzten Eiszeit hier ablagerten, und aus den Sedimenten, die der Eisack im Lauf der Jahrtausende angeschwemmt hat, als er sich sein Bett neu grub.“ So mischen sich in den Böden der Neustifter Weinberge der Gneis und Schiefer des Alpenhauptkamms mit dem stark kalkhaltigen Gestein aus den Dolomiten. Sie bilden im wahrsten Sinn des Wortes die Grundlage der Frische und Mineralität, für die die Weine aus der Stiftskellerei des Klosters berühmt sind.

Ein perfekter Ausgangspunkt für Bier

Köstlan Brauwerkstatt

Craft Beer aus Südtirol: Köstlan Brauwerkstatt. Seit 2016 lässt Dagmar Gnieser, Diplom-Biersommelière, die fast vergessene Brixner Brautradition wieder aufleben

Auch der Geschmack der Craft-Biere aus Dagmar Gniesers Brauwerkstatt Köstlan hat viel mit Mineralien zu tun, allerdings auf ganz andere Weise als bei den Neustifter Weinen. Bei Bier spielt Wasser als Hauptzutat eine tragende Rolle. „Und wir brauen mit dem phantastischen Wasser direkt von der Plose“, schwärmt Biersommelière und Brauereigründerin Gnieser. „Dieses Wasser legt durch die unmittelbare Nähe des Plose-Bergs einen relativ kurzen Weg durch ein Gestein zurück, das vor allem aus sehr hartem Quarzit besteht. Das bedeutet: Das Wasser löst daraus kaum Salze und Mineralien heraus, es ist sehr weich und hat keinen markanten Eigengeschmack.“ Besonders zum Tragen kommt diese Qualität beim hellen Zwickl Lager der Köstlan-Brauwerkstatt, ihrem erfrischenden Verkaufsschlager in Bioqualität. „Wie gut sich dieses Wasser zum Bierbrauen eignet, beweist auch die Brixener Brautradition“, führt Dagmar Gnieser aus. „Ebenfalls hier, im Stadtteil Köstlan, stand bis 1924 die Dampfbrauerei Ignaz Seidner’s Erben – sie gehörte zu ihrer Zeit zu den größten Brauereien von Gesamt-Tirol und produzierte um 1900 jährlich bis zu 5.300 Hektoliter – das Neunfache dessen, was wir heute mit unserer Brauwerkstatt herstellen. Einen besseren Beweis für die Qualität dieses Wassers kann es kaum geben.“

Wasser und Licht – eine magische Verbindung

Wie gefährdet diese Resource ist, auch wenn sie in Brixen im Überfluss vorhanden zu sein scheint – dieses Thema treibt Kuratorin Stefanie Prieth spätestens um, seit sie sich 2019 daran machte, dem schon zuvor beliebten, spektakulären Water Light Festival eine tiefere Bedeutungsebene einzuschreiben. „Uns ging es darum, mit Licht-Kunstwerken verschiedenste Inhalte und Bedeutungsebenen im Zusammenhang mit Wasser auszuloten“, erklärt sie. 2019 geschah das beispielsweise mit Installationen des Trentiner Künstlers Stefano Cagol, der sich mit der Schmelze der Gletscher beschäftigt. Oder einem in ein Wasserbecken projizierten Videoessay von Dominik Rinnhofer über die Mühen, die es für Menschen in Afrika bedeutet, an frisches Wasser zu kommen. Aber auch mit den Lichtkunst-Spezialisten Spectaculaires um Benoît Quero, die die Brixener Altstadt mitten im Mai in ein zauberhaftes Schneegestöber tauchten. Für 2020 standen bereits umfassende Konzepte, auch zu einer Erweiterung des Festivals auf die Standorte Klausen, Kloster Neustift und Franzensfeste. Dann ließ der Corona-Bedingte Lockdown alle Pläne zu einer einsamen Performance von Stefano Cagol auf dem Brixener Domplatz am Tag des Wassers zusammenschnurren. Dafür soll das Festival 2021 um so licht- und glanzvoller wieder auferstehen.

Weitere Informationen zu Brixen und Plose unter https://www.brixen.org/
Kategorie ALPENLEBEN, Initiative & Porträt

Die gebürtige Münchnerin, Mutter dreier Söhne und promovierte Kunsthistorikerin ist ALPS-Mitstreiterin der ersten Stunde und an Vielseitigkeit kaum zu überbieten: Ob Gastlichkeit oder Reise, Porträt oder das „Ausgraben“ eines Mythos wie den Dolomytos-Wein in Südtirol (#7) oder den symbolträchtigen Triglav in Slowenien (#9) – Claudia Teibler verdanken wir einige der journalistischen Höhepunkte in ALPS.