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Powder-Skitour auf die Lampsenspitze im Sellrain in den Stubaier Alpen

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

© Fotos: Katrin Böckelen

Wir Tourengeher haben jetzt nur eines im Sinn – endlich ins Gelände! Doch safety first. Unser heutiges Ziel ist die Lampsenspitze (2875 m).

Sie ist mein Hausberg. Bis zu 15-mal stehe ich in einer Saison auf diesem perfekten Skitourenberg. Sie hat alles, was eine sichere und zugleich abwechslungsreiche sowie abfahrtstaugliche Tour braucht: Eine Rodelbahn, auf die man im unteren Teil jederzeit ausweichen kann, nie zu steile Hänge, kupiertes Gelände mit vielen flacheren Abschnitten zum Verschnaufen sowie wegen der Weitläufigkeit eine große Vielfalt an Varianten und Abfahrtsmöglichkeiten. Dazu kommt eine herrliche Aussicht, welche auf dem Gipfel ihren Höhepunkt erreicht. Ein 360 Grad Panorama, das einen über die Stubaier Bergwelt hinweg staunen lässt!

Der Gipfel (1200 Höhenmeter) lässt sich als gemütlicher Tourengeher in rund 2,5 bis 3 Stunden erreichen. Gestartet wird in Praxmar, einem kleinen Weiler im Sellrain. Hier steht eigentlich lediglich der urige Alpengasthof, welcher in der Hauptsaison aufgrund der perfekten Ausgangslage ständig ausgebucht ist. Der angrenzende Wander- und Tourengeherparkplatz erscheint am heutigen Tag riesig, da er nur von einer Handvoll Autos belegt ist. An weniger angespannten Tourentagen am Wochenende sprengen die Massen allerdings oft genug die Park-Kapazität. Die beliebten Touren Lampsenspitze und ihr Nachbar Zischgeles sind weit über die Landesgrenzen als wunderbare Skiziele bekannt.

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen
Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

Die vielen Nummernschilder sind dann ein wilder Kennzeichen-Mix. Das wissen auch die Einheimischen; sie meiden diese Touren und ziehen weniger frequentierte, einsamere Berge vor. Doch trotz der Vielzahl an Wintersportlern hat man an der „Lamse“ nie das Gefühl, in einer Karawane unterwegs zu sein. Im weitläufigen Gelände verteilt sich die Zahl der Gipfelanwärter. Es lässt sich ohne Stress entspannt die Hochgebirgslandschaft genießen. Der erste Abschnitt führt uns vom Gasthof über eine breite Piste hinauf bis zum Beginn der Rodelbahn. Der Sonnenlift wurde vor einigen Jahren stillgelegt und abgebaut. Trotzdem wird die Piste für die zahlreichen Tourengeher fast täglich gewalzt.

Nach wenigen Metern zweigt die Skitourenroute links ab. Die Spur schlängelt sich ca. 300 Höhenmeter durch den knorrigen Zirbenwald. Immer wieder kreuzt die Aufstiegsroute die Straße der Rodelbahn. Weniger sicherere Tourengeher oder Einsteiger haben die bequeme Option, über den etwas längeren Rodelweg aufzusteigen. Der Zirbenwald ächzt unter der massiven Schneelast der letzten Tage. Doch die Bergkiefern sind zäh und können gut mit der zusätzlichen Last umgehen. Wir könnten auch in Kanada sein. So eingeschneit habe ich die Lampsenspitze jedenfalls noch nie gesehen. Heute ist in jeder Hinsicht ein besonderer Tag. Sonnenstrahlen blitzen immer wieder zwischen den Ästen hervor. Was für ein Augenschmaus!

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

Nach und nach erreichen wir die Baumgrenze. Der Blick weitet sich und gibt die Sicht auf die umliegenden Bergriesen frei. Wir verlassen am höchsten Punkt der Rodelbahn – einer urgemütlichen kleinen Alm – endgültig den sicheren Raum. Bevor es weitergeht, wird auf dem sonnigen Aussichtsbankerl kurz Brotzeit gemacht. Die Aufstiegsspur verläuft nun weiter im freien Gelände. Ab hier sollte man sich seiner Sache sicher sein, sprich: LVS-Gerät eingeschaltet, LVS-Ausrüstung im Rucksack, gekonnte Geländebeurteilung, gegebenenfalls Abstand halten etc. In Spitzkehren gehts über den ersten Hang hinauf, bis die Spur weiter flach in einer Mulde verläuft.

Obwohl es heut bitterkalt ist, staut sich in den windstillen Senken angenehm warme Luft. Anschließend schlängelt sich die Skiroute im kupierten Gelände abwechselnd etwas steiler, dann flacher werdend weiter hinauf. Immer wieder ändert sich der Blickwinkel und damit die herrliche Aussicht. Den Gipfel der Lampsenspitze sucht man allerdings vergeblich. Dieser versteckt sich bis zuletzt hinter einigen Geländestufen. Sobald das Kreuz hervorlugt, ist der größte Teil geschafft. Es muss nur noch der letzte Hang bezwungen werden und schon erreicht man die windstille Mulde des Skidepots.

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen
Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

Je nach Schneelage bleiben die Ski hier zurück oder es wird mit Ski in ca. 15-20 Minuten bis zum Gipfel aufgestiegen, was aufgrund des abgeblasenen Geländes eher selten Fall ist. Heute probieren wir es nach den Schneefällen mit Ski. Doch schon nach wenigen Meter ist für uns klar, dass hier nicht abgefahren werden kann. Ständiger Steinkontakt erschwert das Vorwärtskommen. Wer hier runterfährt, darf lediglich ausrangierte Steinski an den Füßen haben und sollte einen Helm tragen! Auf dem breiten, exponierten Gratrücken ist es durch den Wind immer sehr kalt. Ich ziehe meine Mütze tiefer in die Stirn. Das Thermometer der Messstation zeigt eisige -17 Grad. Die Gipfelrast fällt daher kürzer aus als sonst.

Schnell werden Beweisfotos geschossen und ein Bissen vom Brot genommen, bevor wir den Rückzug antreten. Die Hände und Füße bestehen trotz massiven Kleidungsaufgebots nur noch aus gefühllosen Eiszapfen. Trotzdem nehme ich mir die Zeit, um das beeindruckende Panorama zu genießen. Parallel von uns befindet sich das Gleirschtal mit der Schweinfurter Hütte. Sie ist der perfekte Ausgangspunkt für lohnende Skitouren auf den Zwieselsbacher Rosskogel (3080m), den Hausberg Samerschlag (3829m), die Hintere Sonnenwand (3006m) oder der bezüglich seiner Länge berüchtigte Winnebacher Weißkogel (3182m). Im Hintergrund ragen die hohen Spitzen der Ötztaler Berge hervor. Neben uns befinden sich die 3000er: Zischgeles, Schöntalspitze und Vordere Grubenwand.

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen
Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

Der König der Sellrainer bzw. Stubaier Berge ist durch seine markante Form jedoch unangefochten der Lüsener Fernerkogel mit knapp 3300 Metern. Viele nennen ihn auch ehrfürchtig das Matterhorn Nordtirols! Im Winter wird er aufgrund seiner Schwierigkeit nur von erfahrenen sowie konditionsstarken Skitourengehern bezwungen. Als ambitionierter Tourengeher muss man auf jeden Fall mal oben gewesen sein. Weniger gefährlich, doch mühsam genug ist der Rückweg. Mit Ski auf dem Rücken gehts durch felsdurchsetztes Gelände wieder hinunter zum Depot. Je nachdem, wohin der Wind den Schnee verfrachtet hat, sinken wir hüfttief im Schnee ein. Richtiges Hochtouren-Feeling!

Trotz Wühlerei hab ich schon jetzt ein Grinsen im Gesicht. Ich sehe nur noch die nahezu unversehrten Hänge unter uns und kann mich kaum noch vor Motivation bremsen. Schnell ins Skidepot und ab auf die Ski! Die Aufstiegsspur orientiert sich nun am Sommerweg. Durch die hohe Lawinengefahr wurde die Route diesmal bewusst woanders verlegt. Sie ist wegen ihrer Lage sehr sicher. Das heißt natürlich nicht, dass man hundertprozentig Safe ist; das ist man in den Bergen nie. Allerdings reduziert sich die Gefahr von einem Lawinenabgang auf ein Minimum, was das Risiko erheblich limitiert. Die aktuelle Skiroute umgeht das kritische Steilstück der Originalroute unter dem Steinmann sowie die heikle Querung im Kessel. Außerdem wird der Gipfelhang umgangen, der schon des Öfteren zu Unfällen geführt hat.

Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen
Lampsenspitze Skitour Sellrain Stubaier Alpen

Die Abfahrt erfolgt allerdings nicht über die Aufstiegsroute, sondern über die zahlreichen Varianten. Dort muss jeder für sich entscheiden, wie viel Risiko er eingehen möchte; denn auch hier gibt es sichere oder riskantere Möglichkeiten. In der Abfahrt sehen wir, dass sogar in die steilen Hänge hineingefahren wurde. Gut, dass noch nichts passiert ist … Wir wählen die für uns sicherste Route. Sie ist zwar bis auf zwei Abschnitte relativ flach, dafür nicht weniger spaßig. Freudenjodler bestätigen den einmaligen Pulvergenuss! Schwung für Schwung kommen wir dem Tal näher. Ich koste jeden Meter des grandiosen Tiefschnees aus, bevor wir auch schon an der Rodelbahn ankommen. Diese kann in Anbetracht der Schneelage mit gutem Gewissen abgekürzt werden, bevor es die letzten Höhenmeter auf dem Fahrweg hinunter nach Praxmar geht.

Unten angekommen braucht es keine Worte. Das allgegenwärtige Grinsen ist Zeuge eines unvergesslichen Tages im Sellrain! Auch wenn sich die Bedingungen rasch ändern werden, die Lampsenspitze schafft es immer, mit einem Glücksgefühl nach Hause zu fahren. Normalerweise ist es Tradition, dass wir auf der Sonnenterrasse des Alpengasthofes mit einem alkoholfreien Bier und einer leckeren Speckknödelsuppe den Tag ausklingen lassen. Leider macht der Hof erst in wenigen Tagen auf. Wenn der Tourenbericht online ist, wird er allerdings schon geöffnet sein. Nur die Sonne braucht noch ein paar Wochen, bis sie hoch genug steht, um die Terrassen-Saison zu eröffnen. Tourengeher oder Langläufer, welche im nahe gelegenen Lüsenstal unterwegs sind, können alternativ auch im Gasthof Lüsens einkehren oder nächtigen. Viel Spaß in der Sellrainer Bergwelt!

GUT ZU WISSEN

Skitour Hochgebirge Exposition // Ost Aufstieg: 2,5-3 Stunden Schwierigkeit: Leicht bis Mittel

Land // Tirol – Sellraintal

Orientierung // Vom Alpengasthof Praxmar (1700 m) über die Piste hinauf zur Rodelbahn. Nach wenigen Metern zweigt die Skitourenroute links in den Zirbenwald ab. Der schön angelegten Spur bis zur urigen Alm folgen (dem Ende der Fahrbahn), welche immer wieder den Weg der Rodelbahn kreuzt. Von dort gehts ins Gelände. In Spitzkehren hinauf Richtung Steinmann, der bei heikler Lawinensituation rechts umgangen wird. Durch wunderbar kupiertes Gelände immer wieder flach und etwas steiler im Wechsel hinauf, bis zuletzt der Gipfel zum Vorschein kommt. Von hier über den kurzen Hang bis zum Skidepot. Je nach Schneelage mit oder ohne Ski zum Kreuz. Abgefahren wird über mehrere Varianten. Im Zweifel an den zahlreichen Skispuren orientieren oder an der originalen Aufstiegsroute.

Anreise // Von Garmisch über Scharnitz, Seefeld und den Zirler Berg hinab nach Zirl. Die Ausfahrt Sellrain nehmen. Über Kematen nach Gries und dort links Richtung Lüsens. Über zahlreiche Serpentinen hinauf nach Praxmar auf den gebührenpflichtigen Parkplatz.
Parkplatz // Praxmar.
Kosten // 5 Euro.

Ausrüstung // LVS-Equipment, Skitourenausrüstung, Felle, Helm, Brotzeit.
Beste Jahreszeit // Frühwinter bis Ende April/Anfang Mai.

TIPP // Zur Belohnung gibt’s auf der Sonnenterrasse des Alpengasthofs Praxmar sehr leckere Tiroler Spezialitäten: Spinatknödel, Gröstl, Kasspatzn, Kiachl, Wild … Lasst´s euch schmecken!

Wer früh genug bucht, kann in dieser beeindruckenden Gebirgslandschaft gleich mehrere Tage verweilen. Die Skitourenziele gehen hier nicht so schnell aus. Zur Abwechslung bietet sich auch die perfekt präparierte, schneesichere Loipe „Praxmar – Lüsens“ an, welche direkt unter dem Gasthof in einer idyllischen Landschaft im Tal verläuft. 27 km Klassisch und 22 km Skating lassen das Herz eines jeden Langläufers höherschlagen!

www.praxmar.at

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